KI - DEIN FREUND UND HELFER
Kein Thema (mit Ausnahme der Bitte um Erlaubnis, die Waschräume aufsuchen zu dürfen)
findet öfter Gespräch im Unterricht als die Sorge um KI, genauer ausgedrückt den OpenAI-Ableger
ChatGPT. Seit November 2022 ist das Portal eine der ersten Adressen, die zur Recherche oder zum
Erledigen von Hausaufgaben, Projekten, Portfolios und vielen weiteren akademischen Aufgaben
verwendet werden. Die Fähigkeit von ChatGPT, komplexe Fragen zu verstehen und präzise
Antworten zu generieren, ist bemerkenswert. Die Sorge vieler findet sich jetzt in der Authentizität der
abgegebenen Arbeiten: schließlich ist der KI-Chatbot mittlerweile so fortgeschritten, dass es für
sowohl Laien als auch Experten beinahe unmöglich wird, das Werk von Schülern von der, der KI zu
differenzieren. Nebenbei wurde in diesem Kommentar ein Zitat, ein Satz, um genauer zu sein, von
ChatGPT eingebaut, um zu verdeutlichen, wie fortgeschritten dieses Tool ist.
Die Sorge um die schwindende Selbstständigkeit ist berechtigt, wirft aber zu große Schatten
auf die vielen Vorteile. Schließlich kann OpenAI mehr als Aufsätze über die Erkenntnistheorie.
Schüler mit anderem sprachlichen Hintergrund können live-Übersetzungen mit ihren von der Schule
bereitgestellten Geräten nutzen und weniger essenzielle aber dennoch interessante Texte können
mittels KI zusammengefasst werden. Der wohl wichtigste Bereich, den die KI im Unterricht
aufgreifen könnte, wäre das richtige Nutzen, zum Beispiel durch optimierte Prompts. In meinen
Augen unterscheidet die Recherche mit ChatGPT im Vergleich zu beispielsweise Wikipedia
lediglich die Tatsache, dass ChatGPT ausführlichere und leichter verständliche Antworten bietet.
Alternativ könnten Lehrer in den jeweils relevanten Fächern die Merkmale von KI-generierten
Bildern und Tonbeispielen vermerken, um den Schülern möglichst früh derartige Skills
beizubringen. Dass sich der Lehrplan neuen Entwicklungen anpassen muss, ist keine Neuigkeit.
Oder findet ihr in GW-Büchern, die nach Februar 2020 verfasst wurden, noch 28 EU-
Mitgliedsstaaten?
Der Gipfel der Frechheit der letzten Wochen ist nun die Frage, ob die VWA/Diplomarbeit
abgeschafft werden soll, da jetzt plötzlich die Sorge hochkommt, dass Schüler die Arbeit gar nicht
selbst verfassen könnten. Die Generationen von Ghostwritern, die pro VWA ein paar Hundert Euro
verdient haben, sind nebenbei auch empört. Man hört ja immer wieder von verlorenen Arbeitsplätzen
wegen Technologie, aber man rechnet nie damit, dass es einen selbst trifft. Davon abgesehen, dass
das Programm keine 40.000 bis 60.000 Zeichen stemmen kann, fällt doch sofort auf, dass das
Geschriebene einer digitalen Feder entspringt, wenn für 20 Seiten Information keine einzige Quelle
angegeben ist.
Laut logischer Schlussfolgerung müsste die Bachelor-, Master-, Doktor- und jede andere Art
der schriftlichen Arbeit ja auch umgehend abgeschafft werden. Der Medizinstudierende soll fortan
für den Titel tanzen, der Rechtsstudierende ein Puzzle lösen und der Business Major möge etwas
häkeln. Sollten die Bildungszentralen jedoch finden, dass irgendeine Form der schriftlichen Arbeit als
Beweis des Gelernten angebracht wäre, empfänden es mit Sicherheit genug Studierende als
vorteilhaft, mindestens einmal im Leben ein derartiges Schriftstück verfasst zu haben. Immerhin ist
das wissenschaftliche Arbeiten kein angeborenes Verfahren und die wenigsten haben die Zeit, extra
Kurse zu besuchen. Wer nun aber statt der VWA eine zusätzliche mündliche Prüfung in Religion
und ähnlichen Fächern ablegt, könnte sich eventuell mit den vielen Forderungen schwer tun.
​
Marie-Philine Weben (8C), Gastartikel